Die
letzten drei Tage war ich mitten im Nirgendwo. Sprich der nächsterreichbare,
halbwegs ernstzunehmende Internetanschluss war in 35 Kilometer Entfernung von
meinem Standort. Die Tauchbasis, die mich auch beherbergt hat, hatte zwar einen
rudimentären Anschluss, aber um nur den bereits fertigen Text abzuschicken, hat
der Rechner fast fünfzehn Minuten gerattert und die Telefonleitung hat geglüht.
Bilder konnten nicht verschickt werden. Diese Einsamkeit hatte aber auch Vorteile, denn die Gegend
um die Schweinebucht ist ein wahres Naturparadies. Wie bereits im vorherigen
Text geschildert, gibt es zahlreiche Wildtiere in den Sümpfen und das wildeste
und gefährlichste davon ist die Stechmücke. Mein Begleiter Peter Wolfram und
ich sind gestern nachts noch los, um, wie bereits angekündigt, die roten
Taschenkrebse auf ihrer Wanderung zu fotografieren. Begleitet wurden wir von
Millionen von Schnaken und heute sehe ich aus wie ein Streuselkuchen. Aber ich
möchte mich nicht beklagen, denn wie ihr auf dem Bilde seht, habe ich den
Scherenmann in den Kasten bekommen.
Heute Vormittag haben wir dann den letzten Tauchgang
unternommen und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Riff am Punta
Perdiz einer der schönsten Korallengärten ist, den ich je gesehen habe. Die
Sandfläche, über die man hinwegtaucht, um zum Riff zu kommen reflektiert durch
das glasklare Wasser hindurch das Licht, dass an fotografieren nicht zu denken
ist – das Display bleibt schlichtweg unsichtbar. Weiter unten in der Tiefe gab es dann zuerst ein kleines
Wrack, später die typischen Becherschwämme, Schnapper und eine respektable
Muräne. Trotzdem bleibt festzustellen, dass es, zumindest in der Schweinebucht,
relativ wenige Fische gibt. Nun, wir haben ausschließlich vom Land aus getaucht
und weiter südöstlich gibt es Tauchplätze, die man mit dem Boot ansteuert,
vielleicht hat es dort mehr Fische. Allerdings hat man an jener Stelle das
Problem, dass es ein solches Tauchboot nicht gibt. In den kommenden Jahren will
Wolfgang Keller von Cuba-Diving (Erlangen) zusammen mit Partnern vor Ort (hier
vor allem Karl Janeke) einiges investieren. Ich jedenfalls drücke die
Daumen, dass die ehrgeizigen Pläne wahr werden, weil erstens sind die Leute
super nett und zweitens hätten auch die Kubaner diese Chance verdient.
Wenn man so auf der Terrasse seiner Casa Particular sitzt
und die Eindrücke auf sich wirken lässt, dann merkt man erst, was für ein
komfortables, überreiches Leben man in Europa führt. Zum Beispiel beim
Einkaufen: Wir gehen in den Supermarkt und kaufen alles, was es dort hat und
was man braucht. Das ist hier auf Kuba kaum möglich, zumindest ist es stark
eingeschränkt. Heute Mittag zum Beispiel kam der Gemüsetraktor zur Casa
gefahren. Der Mann fuhr den Trecker und die hoch schwangere Frau saß hinten auf
dem Anhänger auf den Kartoffelsäcken. Im Angebot waren Bananen, Mango,
Kartoffeln, Kürbis und Guaven. Der Koch hätte aber auch Gurken und Tomaten
gebraucht, das hatte man auf dem spärlich beladenen Wagen nicht. Also musste
der Chef Ronel ins 35 Kilometer entfernte Playa Larga fahren um sich dort
umzusehen. Das Ehepaar, das das Gemüse verkauft hatte, war so begeistert, dass
ich es fotografiert habe. Es war wirklich wieder rührend, dass mir die Frau
dafür eine Mango schenken wollte. Aber ich habe mich nicht breitschlagen
lassen, sie zu nehmen, sondern habe ihr vielmehr zwei Mangos abgekauft. Das war
ihr nicht recht, aber mir war es ehrlich gesagt peinlich, von so armen Leuten
etwas anzunehmen.
Die Kolibris flattern einem dort unten geradezu vor die Nase
und das gibt es eben bei uns in Deutschland nicht und auch die riesigen
Schmetterlinge fehlen bei uns und, wetten, bei uns gibt es auch nicht so viele glückliche
Menschen. Das finde ich irgend wie beeindruckend, der Lebensentwurf hier heißt
Fröhlichkeit ohne materiellen Hintergrund. Klasse!
Die heutige Nacht verbringe ich wieder in Havanna, Karl hat
uns abgeholt. Allerdings bin ich nicht bei meiner alten Gastfamilie
sondern bei Olga. Die Wohnung Olgas ist riesig, sie wohnt ebenerdig in einem
Eckhaus in einem typisch kolonialen Gebäude. Von der Straße aus betritt man
direkt den riesigen Wohn-Essbereich und Olga ist eine super Köchin. Das
Abendessen war jedenfalls erste Sahne. Darüber hinaus spricht sie bestes
Deutsch, denn sie hat lange noch in der ehemaligen DDR gearbeitet. Heinz Käsinger
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