Pressemeldung, Foto: "Tourism and Events Queensland“ (TEQ)
Korallenriffe sind empfindliche Ökosysteme, die nur unter bestimmten
Bedingungen gedeihen können. Ist das Wasser zu warm, kommt es zu
Stresssituationen. Der Meeresbiologe Gareth Phillips von Reef Teach in
Cairns vergleicht die steigenden Wassertemperaturen mit der
Körpertemperatur bei Menschen sehr anschaulich: „Wenn die
Wassertemperatur schon 1 Grad über dem Normalwert liegt, dann setzt das
den Korallen zu. Genau wie bei Menschen. Haben wir eine erhöhte
Körpertemperatur, fühlen wir uns nicht fit. Sinkt sie wieder, geht’s uns
besser“, so der Riff-Experte.
Einen solchen Temperaturanstieg hat zuletzt das weltgrößte Riff vor
der Nordostküste Australiens erlebt. Dieser australische Sommer war der
zweitwärmste seit den Wetteraufzeichnungen in Queensland. Vor allem im
Februar und März sorgten diese Bedingungen für erhöhte
Wassertemperaturen – es kam folgerichtig zur Korallenbleiche. Es ist das
dritte „Coral Bleaching“ innerhalb von fünf Jahren. Aber was genau ist
eine Korallenbleiche? Ist das Riff wirklich tot?
Die Great Barrier Reef Marine Park Authority (GBRMPA), die führende
Meeresbehörde in Australien, hat dazu ein leicht verständliches Video
veröffentlicht. David Wachenfeld, der leitende Meeresbiologe der GBRMPA,
erklärt das „Coral Bleaching“ in einem vierminütigen Video sehr
anschaulich: www.youtube.com/watch?v=dcWlVN02kDQ.
Sowohl in diesem Video als auch auf der neuen GBRMPA-Website wird
ganz genau geschildert, ob sich gebleichte Korallen wieder erholen
können. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Thesen kurz und kompakt
zusammengestellt. Doch zuvor klären wir, was eine Koralle und eine
Korallenbleiche überhaupt sind:
Was ist eine Koralle?
Korallen
sehen zwar wie Pflanzen aus, sind aber Tiere. Neben Weichkorallen
findet man im Great Barrier Reef vor allem Steinkorallen. Sie können
große Korallenriffe bilden. Im Laufe ihres Lebens scheiden Steinkorallen
Kalk aus. Wenn eine Koralle stirbt, bleibt der Kalk bestehen und wird
wieder von neuen Korallen besiedelt. Hauptsächlich bekommen sie ihre
Nahrung von den Algen, die in den Korallen leben. Die Algen verleihen
den Korallen auch ihre bunten Farben. Da die meisten Algen braun oder
grün sind, haben auch die Korallen diese Farben.
Was ist eine Korallenbleiche?
Als
Korallenbleiche wird das Verblassen der farbigen Steinkorallen
bezeichnet – eine Stressreaktion der Korallen auf zu hohe
Wassertemperaturen. Bei zu warmem Wasser stoßen Korallen die in ihnen
wachsenden Algen aus. Die Algen produzieren in dieser Zeit nämlich
Stoffe, die für die Korallen schädlich sind. Die Korallen verfärben sich
daraufhin meist weiß.
Neun Thesen – richtig oder falsch?
Gebleichte Korallen sind tote Korallen
Falsch!
Gebleichte Korallen sind nicht tot. Zumindest bei leicht oder mäßig
gebleichten Korallen – das trifft auf die meisten betroffenen
Riffabschnitte im Great Barrier Reef zu – besteht eine gute Chance, dass
sie überleben und sich wieder erholen. Voraussetzung dafür ist
allerdings, dass sie es binnen weniger Monate schaffen, wieder Algen bei
sich anzusiedeln. Das geschieht meist, wenn die Wassertemperaturen
wieder sinken.
Das Great Barrier Reef ist tot
Falsch!
Das „größte Aquarium der Welt“ beheimatet mehr als 1.600 Fisch- und 600
Korallenarten und besteht aus rund 3.000 Einzelriffen, die sich über 14
Breitengrade erstrecken. Es ist über 2.300 Kilometer lang und dehnt
sich auf einer Fläche von rund 344.400 Quadratkilometern aus – das
entspricht in etwa der Größe Deutschlands! Berichte über „Coral
Bleaching“ implizieren bei vielen Menschen Endgültigkeit. Riffe können
zwar jetzt stark betroffen sein, erholen sich jedoch oft wieder.
Bleichen ist ein natürlicher Prozess, das Riff erholt sich
Richtig und falsch!
Das Bleichen von Korallen ist eine Stressreaktion, und einzelne
Korallenkolonien leiden jeden Sommer unter einem gewissen Grad an
Bleiche. Dies ist ein natürlicher Prozess und nicht von besonderer
Bedeutung. Extrem hohe Wassertemperaturen verursachen allerdings eine
Massenbleiche. Da sich die Erde und ihre Ozeane durch den Klimawandel
erwärmen, werden die Hitzewellen im Meer und die damit verbundene
Korallenbleiche immer schwerwiegender und häufiger. Ein natürlicher
Erholungsprozess des Riffs ist dann kaum mehr möglich.
In diesem Jahr kam es zu einer Massenkorallenbleiche
Richtig!
Im australischen Sommer 2019/20 hat eine Massenbleiche am Riff
stattgefunden. Hierbei stützt sich die GBRMPA auf die aktuellen
Beobachtungen im Wasser und aus der Luft und beruft sich zudem auf
verschiedene wissenschaftliche Erkenntnisse. Das diesjährige Bleichen
der Korallen ist auf den „Hitzestress“ der Tiere zurückzuführen, den sie
bei den hohen Wassertemperaturen zwischen Mitte Februar und Mitte März
erlitten haben. In diesem Zeitraum lag die Wassertemperatur bei über 30
Grad Celsius – gewöhnlich sind es zu dieser Zeit lediglich 27 bis 28
Grad Celsius.
Das ist die schlimmste Korallenbleiche aller Zeiten
Falsch!
Von 1.036 Riffen, die von Wissenschaftlern aus dem Flugzeug untersucht
wurden, wiesen 40 Prozent keine beziehungsweise nur unerhebliche
Bleichen auf, 35 Prozent mäßige Bleichen und 25 Prozent heftige
Bleichen. Basierend auf diesen Zahlen ist das Ereignis 2020 zwar nicht
so schlimm wie jenes im Jahr 2016, dafür waren nun aber auch teilweise
Gebiete betroffen, die bisher verschont geblieben waren.
Luftaufnahmen geben gute Erkenntnisse
Richtig!
Luftaufnahmen sind zuverlässig. Gebleichte Korallen färben sich hell
weiß, und dies ist vom Himmel aus sehr gut sichtbar. Die Flüge erfolgen
in einer geringen Höhe, bei langsamer Geschwindigkeit und bei Ebbe. Eine
wesentliche Einschränkung von Luftaufnahmen besteht aber darin, dass
sie Korallen nur im flachen Wasser und einer Tiefe von maximal fünf
Metern zuverlässig vermessen können. Die Ausmaße einer Bleiche nehmen im
Allgemeinen mit zunehmender Tiefe ab. Aber angesichts der Größe des
Great Barrier Reef (344.400 Quadratkilometer) sind Vermessungen aus der
Luft die einzige Möglichkeit, einen großen Bereich des Riffs abzudecken.
Neben den Luftaufnahmen werden allerdings auch Beobachtungen von
Meeresbiologen und Wissenschaftlern sowie Erkenntnisse aus dem „Eye on
the Reef“-Programm hinzugezogen, um ein vollständiges Bild zu erhalten.
Die meisten für den Tourismus genutzten Riffe sind nicht betroffen
Richtig!
Die von Urlaubern besuchten Riffabschnitte weisen keine oder lediglich
eine mäßige Bleiche auf. Viele Touren-Anbieter tragen zudem regelmäßig
zum „Eye on the Reef“-Programm bei, das der GBRMPA einen aktuellen
Lagebricht über den Zustand der Riffe bietet.
Weltweit sind alle Korallenriffe betroffen
Richtig!
„Coral Bleaching“ betrifft nicht nur die australischen Riffe. Es ist
ein globales Problem. Fast überall haben Korallenriffe mit den
Klimaauswirkungen zu kämpfen. Wenngleich es in anderen Ozeanen auch
Korallenarten gibt, die robuster sind. Laut den Vereinten Nationen
könnten 90 Prozent aller Korallen auf der Welt absterben, wenn die
Temperaturen global um 1,5 Grad Celsius steigen.
Es kann nichts unternommen werden, um das Bleichen zu stoppen
Falsch!
Der Klimawandel ist nach wie vor die größte Gefahr für das Riff. Und
eine große Herausforderung zugleich! Es ist unerlässlich, weltweit eine
Emissionsreduzierung zu erzielen und weitere lokale Maßnahmen zu
ergreifen. Die australische Regierung will mit finanziellen Mitteln und
zahlreichen Umweltschutzprogrammen zur Erhaltung des Great Barrier Reef
beitragen. Und auch Urlauber können mithelfen, das Riff und seine
Bewohner zu schützen – siehe nachfolgend eine Auswahl an Schutzmaßnahmen
und Vorschlägen.
So können Urlauber konkret mithelfen
Reef Permit: Wer das Riff besucht, tut Gutes
Im
Jahr 1975 hat die australische Regierung die Great Barrier Reef Marine
Park Authority (GBRMPA) ins Leben gerufen. Die Behörde mit Sitz in
Townsville soll das größte Korallenriff der Erde schützen. Es zählt zu
den weltweit „am besten kontrollierten Riffen“. So werden beispielsweise
den Touren-Anbietern nur spezielle Riffabschnitte zugeteilt und
spezielle Schutzzonen, in denen Fischerei verboten ist, ausgewiesen. Ein
ebenso wichtiges Anliegen der GBRMPA ist die Aufklärung: So sollten
Urlauber auf nachhaltige Tourismusangebote zurückgreifen, beim
Schnorcheln oder Tauchen keine Korallen berühren und sich beim Segeln an
die Ankervorschriften halten.
Jeder Urlauber, der mit einem
zertifizierten Bootsunternehmen das Riff besucht, tut Gutes. 7
Australische Dollar (AUD) – umgerechnet etwa 4 Euro – werden vom
Tour-Preis automatisch an die GBRMPA abgeführt. Die Gelder des „Reef
Permit“ (Environmental Management Charge) werden für Bildung, Forschung
und Riffschutz verwendet. www.gbrmpa.gov.au
Eye on the Reef: Urlauber als Meeresforscher im Einsatz
Einen
Tagesausflug ans Riff unternehmen und gleichzeitig Forschungsarbeit
leisten – in Queensland können Touristen das Angenehme mit dem
Nützlichem verbinden. Mit Unterstützung von Experten gehen die
Teilnehmer auf Schnorchel-Safari und notieren auf einer Schreibtafel
ihre Funde. Die gesammelten Daten werden danach an die GBRMPA
weitergeleitet. Alle Infos sind hilfreich für das „Eye on the
Reef“-Programm, das die Meeresbehörde ins Leben gerufen hat. Alle
erhobenen Daten werden wissenschaftlich ausgewertet und geben Aufschluss
über die Gesundheit des sensiblen Ökosystems. Über die „Eye on the
Reef“-App kann jeder Besucher des Korallenriffs sogar eigene Fotos
hochladen und somit einen weiteren Beitrag zu dessen Schutz leisten. In
Queensland gibt es aktuell über ein Dutzend Touren-Anbieter, die mit
„Eye on the Reef“ zusammenarbeiten. www.gbrmpa.gov.au/our-work/eye-on-the-reef
Insel-Forschungsstationen besuchen
Verschiedene
Universitäten unterhalten auf einigen Inseln im Great Barrier Reef große
Forschungsstationen. Neben den Korallen und Fischen werden je nach
Insel auch saisonal andere Tiere untersucht (zum Beispiel Buckelwale,
Mantarochen, nistende Schildkröten sowie die vielen Vogelarten, die auf
manchen Inseln brüten). Die „Marine Research Stations“ findet man unter
anderem auf Heron Island, North Stradbroke Island und Lady Elliot Island
(University of Queensland), auf Orpheus Island (James Cook University)
und Lizard Island (Australian Museum). Inselbesucher können den
jeweiligen Forschungsstationen einen Besuch abstatten.
Master Reef Guides: Die neuen Riff-Botschafter treffen
„Master
Reef Guides“ sind Meister ihres Fachs. Niemand kennt sich mit der
Unterwasserwelt besser aus. Die „Riff-Botschafter“ vermitteln Urlaubern
viel Wissen über das Great Barrier Reef, erzählen spannende Geschichten
rund um das Weltnaturerbe und erklären, was Urlauber tun können, um es
besser zu schützen. Queensland-Reisende treffen die Riff-Experten auf
mehreren Inseln, an Bord vieler Ausflugsschiffe und bei „Reef Teach“ in
Cairns.
www.gbrmpa.gov.au/our-partners/master-reef-guides & www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=qSU6n-He8NM&feature=emb_logo
#LoveTheReef: So kann ich das Riff schützen
Dieses Video gibt Auskunft: www.youtube.com/watch?time_continue=53&v=tDtv8uB1vQ4&feature=emb_logo
Diese umfangreichen Maßnahmen setzt die Regierung um
Reef Trust Partnership
Die Regierungen
Australiens und Queenslands haben mit dem „Great Barrier Reef
Intergovernmental Agreement“ ein langfristiges Abkommen unterzeichnet.
Ziel ist es, das weltgrößte Korallenriff noch besser zu schützen.
Zusätzlich hat die australische Regierung vor zwei Jahren mit der „Reef
Trust Partnership“ die bisher größte Investition in den Schutz von
Riffen angekündigt. Der „Reef 2050 Plan“ sieht eine Zusammenarbeit mit
der Great Barrier Reef Foundation in Höhe von 443 Millionen AUD (257
Millionen Euro) zur Finanzierung neuer und bestehender Projekte vor. www.barrierreef.org
Ehrgeiziges Wolken-Experiment
Eines der neuesten
Experimente zeigt nach Angaben der beteiligten Forscher erste positive
Ergebnisse: Mit Hilfe von „aufgehellten“ Wolken haben Wissenschaftler
versucht, das Meerwasser am Korallenriff abzukühlen. Dafür wurden die
Wolken über dem Riff durch die Infusion von Meersalzkristallen künstlich
aufgehellt, um die Sonnenstrahlen besser ins All zu reflektieren. Das
Salz gewannen die Wissenschaftler aus dem Meer: Mit einer umgebauten
Turbine schossen sie Milliarden feiner Salzwassertropfen vom Schiff in
die Luft. www.youtube.com/watch?time_continue=54&v=B0KeUlvWakg&feature=emb_logo
Reef Restoration & Adaptation
Die
Auswirkungen des Klimawandels zeigen, dass eine globale Reduzierung von
Treibhausgasen dringend notwendig ist. Zusätzlich will Australien ganz
neue Wege gehen, um das Riff besser zu schützen. Stichwort
„Wiederherstellungsprozesse“. Die australische Regierung hat rund 250
Millionen AUD (umgerechnet mehr als 147 Millionen Euro) für die
Forschung und Entwicklung zur Renaturierung von Korallen bereitgestellt.
Ziel
der „Reef Restoration and Adaptation“-Programme (unter anderem vom
Australian Institute of Marine Science, kurz AIMS, bei Townsville,
Australiens führendem Meeresforschungsinstitut, durchgeführt) ist es,
Korallen widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse zu machen. Dabei
helfen soll der Meeressimulator „SeaSim“. Mit diesem können die
Wissenschaftler Wassertemperatur, Säure- und Salzgehalt, Nährstoffgehalt
und Wasserqualität regeln und die Auswirkungen der Klimaerwärmung
simulieren und erforschen.
Das AIMS, die Commonwealth Scientific and
Industrial Research Organisation (CSIRO), die University of Queensland,
Queensland University of Technology, James Cook University, Southern
Cross University und die Great Barrier Reef Foundation arbeiten hier eng
mit der GBRMPA zusammen. www.gbrrestoration.org
Bekämpfung des gefräßigen Dornenkronen-Seesterns
Gefräßige
Seesterne setzen dem Great Barrier Reef zu. Dank eines speziellen
„Kontrollprogrammes“ konnte die GBRMPA die Dornenkronen-Plage nun
eindämmen. Spezielle Unterwasser-Roboter, die einem Mini-U-Boot ähneln,
werden per Tablet durch komplexe Korallenriffe navigiert und können dort
Dornenkronen-Seesterne aufspüren. Dann schießt der Apparat eine
tödliche Injektion aus Essig oder Gallensalz auf den Seestern – das Riff
bliebt dabei unversehrt.
Reef Guardian Schools
Mit diesem Programm bezieht
die GBRMPA viele Schüler, Lehrer und Gemeinden mit ein. Schulen sollen
erkennen, dass sie ein Teil von Prozessen sein können, die das Riff
schützen. Hier geht es um Rehabilitierung, Verbesserung der
Wasserqualität, Abfallminimierung sowie Emissionseinsparungen durch
weniger Stromverbrauch oder Minimierung von Transportwegen. Mehr als
120.000 Schüler, 7.400 Lehrer und 270 Schulen beteiligen sich aktuell an
Projekten rund um das Riff.
Weitere Maßnahmen
- Laufende Patrouillen auf dem
Wasser, aus der Luft und an Land. Hierbei wird überprüft, ob alle Regeln
der GBRMPA eingehalten werden.
- Intensive Zusammenarbeit mit
Australiens Ureinwohnern. Aborigines leben schon seit Jahrtausenden (und
auch heute noch) im Einklang mit der Natur. Hier kann das traditionelle
Wissen die moderne Forschung ergänzen.
- Unterstützung von
Riff-Restaurierungen wie die Ansiedlung von Korallenlarven und das
Sammeln von Korallenlaichen. Forschern war es gelungen, am Great Barrier
Reef neue Korallen anzusiedeln. Die Wissenschaftler hatten große Mengen
an Korallenlaich vor Heron Island im südlichen Teil des Great Barrier
Reef gesammelt und in Tanks ausgebrütet. Mehr als eine Million
geschlüpfte Larven transplantierten sie anschließend in beschädigten
Gebieten des Riffs. Ein knappes Jahr später fand das Forscherteam dort
junge Korallen vor, die den Umzug überlebt haben und im Schutz von
Unterwassernetzen gewachsen waren.
Allgemeine deutschsprachige Informationen zu Queensland unter www.queensland.com.
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