(Text: Heinz Käsinger, Foto: Wikipedia Commons; mit solch riesigen Industrieschiffen geht die
Fischereiindustrie auf Fang. Die Fische werden nach dem Einholen der Netze
sofort verarbeitet, d. h. gereinigt, ausgenommen, filetiert und tiefgefroren.
Das Bild zeigt die „Kiel“ der Deutsche Fischfangunion)
Haie vor Australien reißen Fänge aus den Netzen
kommerzieller Fischer und drängen viele aus dem Geschäft. Die Fischer verlieren
bis zu 70 Prozent ihres Fangs entlang der 4000-Meilen-Küste von Queensland. Die
Fischer behaupten jetzt, dass die Zunahme der Haipopulation durch Halbierung
der Fangquote für diese Fische verantwortlich sei.
„Noch vor wenigen Monaten haben wir Tausende Tonnen von
Fisch herausgezogen. Jetzt sind es nur noch ein paar Schwänze am Tag“, sagte
Michael Thompson, Vorsitzender des Fischereiverbands, der 250 kommerzielle Fischer
in Queensland vertritt. Der Australian Broadcasting Corporation sagte er
außerdem: „Jeder einzelne Berufsfischer wird Ihnen sagen, dass es an der
gesamten Küste massive Probleme mit Haien gibt.“
Die Fischer sehen sich gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, um
die Haie davon abzuhalten, die Netze aufzureißen, bevor die Fischerboote ihre
Fänge anlanden.
Peter Bowman, ein Trawler-Betreiber in Bundaberg,
Queensland, hat an die Enden seiner Netze, die so genannten Steerte,
Edelstahlketten gebunden. „Wir haben 30 Haie, die uns gleichzeitig verfolgen“,
sagte er, „sie halten sich von unseren Steerten fern – sie mögen das Geräusch
von Stahl nicht.
Daryl McPhee, außerordentlicher Professor für
Umweltmanagement an der Bond University, Robina, Queensland, sagte, ohne harte
Daten hätte die Branche nur anekdotische Beweise für eine Zunahme der
Haibestände. „Wir wissen nicht, ob die anekdotischen Informationen und
Beobachtungen mit mehr Haien in Verbindung stehen oder ob sie mit Haien in
Verbindung stehen, die ihr Verhalten ändern“, sagte er gegenüber ABC. Aber ein
Sprecher der staatlichen Fischereibehörde Queensland bestätigte bereits, dass an
Projekten zur Untersuchung von Hai-Angriffen auf Fischfänge gearbeitet werde.
Der Kommentar:
Das Imperium schlägt zurück
oder
Wie hängen Straßenbahnfahrer in München mit Haien vor
Australien zusammen?
Jetzt sind also die Haie schuld. Tonnen von Fisch habe man
noch vor wenigen Monaten herausgeholt, jetzt nur noch ein paar Schwänze am Tag,
klagten australische Fischer angesichts schwindender Erträge. Und das alles nur
deshalb, weil der sich explosionsartig vermehrende Hai den Fangfisch aus dem
Netz holt. Und warum vermehrt sich der Hai so rasend schnell? Weil der
Gesetzgeber bestimmt hat, dass der Fischer nur noch die Hälfte Haie fangen
darf. Das ist natürlich Mist, weil so eine schöne Tigerhaifinne viele Hundert
Dollar vom chinesischen Zwischenhändler einbringt.
Es ist immer das Gleiche mit den sinkenden Fischereierträgen:
Der kanadische Fischer gibt den Robben die Schuld, der norwegische den Walen
und der australische eben den Haien. Auf die Idee, dass er selber das Problem ist,
kommt der handelsübliche Fisherman nie. Er will es nicht wahrhaben, dass er
einfach zu viel Fisch herausholt aus einem Meer, das an den Grenzen seiner
Regenerationsfähigkeit angekommen ist – oder diese sogar schon
überschritten hat. Gestresst durch Überfischung, Plastikmüll und Überhitzung.
Und trotzdem fordert die Fischereiindustrie weiterhin steigende Fangquoten. Das
ist nicht nur absurd, das ist vor allem dumm.
Die Zusammenhänge liegen auf der Hand und das nicht nur im
Fischereiwesen. Auch in der intensiven Land- und Fleischwirtschaft: Der Mensch
sägt sich den Ast ab, auf dem er sitzt. Er beutet Land und Ozeane über alles
vernünftige Maß hinaus aus.
Schuld daran ist der Markt. Lebensmittel sind einfach zu
billig geworden. Das zwingt den Erzeuger zu immer mehr Chemieeinsatz, zu immer
größeren Maschinen, zu immer engeren Ställen. Und im Falle der Fischer eben zu
immer engeren Maschen, die Fische schon vor ihrer Geschlechtsreife dem Meer
entreißen und so eine erneute Vermehrung der Art unmöglich macht.
Wir erleben gerade, dass das Imperium zurückschlägt. Sollte
das mit den Haiangriffen auf Fangnetze tatsächlich stimmen, dann sicherlich
nicht deshalb, weil es plötzlich so viele Haie gibt – diese haben
teilweise mehrjährige Reproduktionsraten. Wahrscheinlicher ist, dass die Räuber
an die Fangnetze gehen, weil sie sonst nichts mehr finden, was sie fressen
könnten. Würde der Fischer (Bauer) weniger fangen (produzieren), würde der
Fisch- (Fleisch-, Gemüse-) preis steigen. Doch die Kosten der Erzeuger würden
sinken. Weniger Ausfahrten aufs Meer, weniger Chemiekosten, weniger
Futterkosten fürs Vieh. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das lernt
jeder Wirtschaftsschüler in der ersten Minute des Schuljahrs. Der Verbraucher
müsste gemäß dieser Logik allerdings einen höheren Preis für das bezahlen, was
er isst.
Hier sind wir beim Straßenbahnschaffner in München
angekommen. Wie soll der mit 2600 Euro Brutto im Monat mit Frau und zwei
Kindern das bezahlen? Mehr als die Hälfte seines Gehalts muss er in München
leicht schon für seine Wohnung hinblättern. Und an dieser Stelle täte uns allen
eine Politik 'mehr für die Menschen' gut und weniger für die Wirtschaft.
Staatliche Regulierungen müssen dort stattfinden, wo sie gebraucht werden.
Nämlich beim Wohl des Menschen. In diesem konkreten Fall: Miet- und andere
Spekulationspreise gehören vom Staat geregelt. Und wenn das den privaten Markt
abwürgen sollte, dann muss der Staat eben selber als Bauherr (oder Betreiber
anderer Geschäftsfelder) tätig werden. So einfach ist das mit dem Hai-
(Insekten-, Vogel-)schutz.
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