Text: Heinz Käsinger
(Foto: Wikipedia
Commons, die Kleinbusversion des Bulli mit der Rundumverglasung
begründete den Ruf des VW-Bus’ als Fahrzeug für Freizeit und Abenteuer. VW
wollte das Fahrzeug lieber als Kleintransporter für Handwerk und Gewerbe
positioniert sehen )
Im VW-Bus sind Generationen von Tauchern ans
Mittelmeer – und später sogar nach Ägypten – gefahren. Kein
Wunder, das Fahrzeug war robust, hatte viel Platz und war günstig in
Anschaffung und Unterhalt. Und deshalb soll dieser Artikel eine Reminiszenz an
ein kleines, technisches Meisterwerk sein. Und gleichzeitig an alte, nie mehr
wiederkehrende Tauchertage erinnern.
Im VW-Bus hatte alles Platz: Vater, Mutter, Opa, die Kinder
und der Hund. Dazu eine Campingausrüstung und für den Papa noch das
Tauchgerödel. So ist man in den Urlaub gefahren, der damals noch 'die großen
Ferien' geheißen hat. Über den Brenner, den San Bernadino oder den Gotthard ging
es nach Italien. Oder durchs Rhônetal nach Südfrankreich. Das aber seltener,
weil es dort schon damals so teuer war. Da ist man lieber gleich durchgefahren
und hat in Spanien Urlaub gemacht. Jedenfalls: Ans Meer musste es gehen.
(Foto: A. Hassel, Wikipedia
Commons, der Ur-Bulli: Ein werksintern bei VW benutzter Transporter
für Blechplatten hatte das Fahrerhaus noch hinten )
All diese riesigen Strecken wurden problemlos von einem Auto
bewältigt, das schon damals liebevoll Bulli genannt wurde. Oder eben VW-Bus.
Und seit dieser Zeit ist der VW-Bus zum Synonym für Freiheit und Freizeit
geworden. Aber das war den Managern von VW gar nicht recht, weil der Bulli
eigentlich als Geschäftsfahrzeug für Handwerker positioniert werden sollte
(falls man diese Marketingsprache damals schon gesprochen hat).Die Geschichte des Bulli, der offiziell und von der
Modellreihenbezeichnung her T1 heißt, geht zurück bis in die Nachkriegszeit, in
der Niedersachsen (wo VW traditionell seinen Hauptsitz hat) zur englischen
Besatzungszone gehörte. Zuständiger Kommissar für den Wolfsburger Autobauer war
der Major Ivan Hirst, der die Aufgabe hatte, das Werk am Laufen zu halten. Da
es damals an allem mangelte, auch an geeigneten Produktionsmitteln, mussten die
Arbeiter improvisieren. Unter anderem bauten sie, zum werksinternen Transport
von Werkstücken, den so genannten Plattenwagen, mit dem die Arbeiter
Blechplatten von A nach B brachten. Der Plattenwagen war auf der Basis eines VW
Käfer zusammengezimmert und er hatte die Ladefläche vorn und das Fahrerhaus
hinten. Der niederländische Generalimporteur von VW-Fahrzeugen war ein gewisser
Ben Pon. Der erkannte das Potenzial eines solchen Fahrzeugs und er versuchte,
es in die Niederlande zu importieren und dort zu verkaufen. Gescheitert ist das
aber leider an den holländischen Behörden. Die haben dem Plattenwagen keine
Zulassung erteilt, weil sie der Meinung waren, dass der Fahrer vor die Ladung
muss und nicht umgekehrt.
(Foto: VW, die Idee zum VW-Bus stammte vom niederländischen
Generalimporteur Ben Pon, der das Fahrzeug in seinem Notizbuch grob skizzierte )
Pon aber gab nicht auf. In seinem Notizblock skizzierte er
am 24. April 1947 einen geschlossenen Kastenwagen mit vorne liegender
Fahrerkabine und hinten liegendem Motor. Basis des Fahrzeugs sollte wiederum
das Chassis des VW Käfer sein. Mit dieser Idee wackelte Pon zu Major Hirst. Der
hätte das Ding gerne gebaut, aber im Nachkriegsdeutschland gab es kaum
Ressourcen dazu. Hirst lehnte für den Moment ab, wollte die Sache aber im Auge
behalten. Dann kam die D-Mark. Plötzlich war alles verfügbar. VW wurde wieder
von einem Deutschen geführt. Im Herbst 1948 beauftragte Generaldirektor
Heinrich Nordhoff den Entwicklungschef Alfred Haesner mit der Umsetzung von
Pons Skizze. Schon im März 1949 präsentierte der einen Entwurf. Genauer gesagt
zwei Entwürfe, von denen jedoch einer verworfen wurde. In Testfahrten mit den
Erlkönigen, sie wurden auch damals schon unter strenger Geheimhaltung nur
nachts durchgeführt, ergaben sich Probleme. Das Auto schluckte zum Beispiel zu
viel. Deshalb wurde es strömungsoptimiert und der Verbrauch sank um satte zwei
Liter pro 100 Kilometer. Dann stellte sich heraus, dass die Bodengruppe des
Käfers den Belastungen der von Pon vorgegebenen 750 Kilogramm Zuladung nicht gewachsen
war. Und auch der Motor, es handelte sich um den original Vierzylinder-Boxer
des Käfer mit 1130 ccm und 25 PS, erwies sich als zu schwach.
Angesichts dieser Probleme geriet der Produktionsstart des
Bulli (Herbst ’49) in Gefahr, aber Nordhoff war gnadenlos und machte Druck. In
aller Eile entwickelten die Ingenieure eine neue Bodengruppe mit zwei
durchgehenden Trägern (der Käfer hatte nur einen). Mit einer Lösung für die zu
schwache Motorisierung konnte dann auch noch rechtzeitig die mit der
Optimierung beauftragte Porsche KG aufwarten: Man veränderte das Getriebe. Das
verlieh dem Fahrzeug zwar mehr Kraft, aber die Höchstgeschwindigkeit blieb auf
80 km/h beschränkt.
Am 8. März 1950 rollte der erste Bulli dann vom Band. Der
Name Bulli ist übrigens eine Wortschöpfung der VW-Arbeiter. Die waren sich
nicht darüber einig, ob sie das Gefährt Bus oder Lieferwagen nennen sollten.
Sie verbanden deshalb die beiden ersten Buchstaben beider Wörter. Das Auto
müsste deshalb eigentlich Buli geschrieben werden. Die einfache Konstruktion
machte problemlos Modellvarianten möglich. Es gab den T1 als Kastenwagen mit
geschlossenem Laderaum. Wahlweise konnte man herkömmlich zu öffnende
Seitentüren oder eine Schiebetür haben. Es gab den T1 mit einer Ladepritsche
und einem kleinen Fahrerhaus oder mit kürzerer Ladepritsche und dafür einer
Doppelkabine mit zwei Sitzreihen. Es gab ihn als Stretchversion und es gab den
T1 sogar als Schienenfahrzeug als Draisine bei der Deutschen Bundesbahn. Den
Ruf als Freizeit und Abenteuerfahrzeug aber begründete die Kleinbusversion mit
der Rundum-Verglasung. Schon 1950 konnte man vom Fahrzeugausstatter Westfalia
eine Campingbox kaufen, die einen Gaskocher mit Gasflasche beinhaltete sowie
einen Klapptisch. Im hinteren Bereich des Bulli war auch ein kleiner Schrank
vorgesehen. Die hintere Sitzreihe konnte umgeklappt werden und ergab so zwei
Schlafplätze. Das alles konnte man nach der Reise wieder rückgängig –
und den Bus so wieder zum Nutzfahrzeug – machen. Einen permanenten
Ausbau zum Reisemobil gibt es schon seit 1961.
Wer jemals einen VW-Bus gefahren hat, der wird jetzt zu recht
aufstöhnen und auf die verdammt unangenehmen Kleinigkeiten hinweisen, denen man
gerade als Taucher unterworfen war. So war die Motorisierung wirklich völlig
unzureichend, wenn man beispielsweise zu dritt mit drei Ausrüstungen und
zusätzlich noch einem Kleinkompressor wie damals üblich im T1 unterwegs war. Es
gab zwar relativ rasch einen etwas größeren Motor mit 1200 ccm und 34 PS, aber
der war als Schlucker verschrien.
Wegen des Heckmotors gab es keine durchgängige Ladefläche. Ganz
hinten direkt hinter der Heckklappe ragte der Motorkasten in die Höhe. Alles
was zwischen Rücksitz und Motorkasten verstaut war, musste mühevoll
herausgehievt werden. Tankstutzen außen? Fehlanzeige. Der war im Motorraum, so dass
man zum Tanken immer die Klappe öffnen musste. Während langer Autobahn- oder
Bergfahrten sollte man immer einen längeren Stopp einlegen. Da der dritte
Zylinder ziemlich zugebaut war, überhitzte der schnell und die Öltemperatur
schnellte nach oben. Eine legendäre Schwachstelle, sowohl im Käfer als auch im
Bulli, war auch der Gaszug. Der rieb auf seinem langen Weg vom Fahrerhaus zum
Motor irgendwo an einer scharfen Stelle und riss deshalb in unregelmäßigen
Abständen immer mal wieder, acht Mark kostete er in den 1970er Jahren.
Trotzdem: An jene Zeit des einfachen Verreisens denkt man
heute gerne zurück und verklärt sie zu dem, was sie vielleicht nie gewesen war.
Der VW-Bus ist Teil der Jugend vieler älterer Taucher und wird deshalb immer
einen ganz besonderen Stellenwert innehaben. Also: Ein Hoch auf den Bulli!
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