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Unterhaltung: Kurzgeschichten/Rätsel
Eine Kurzgeschichte von Heinz Käsinger
„Hast du ‘n Joint?“ Britta sah mich mit den braunen Augen eines
Dobermannes an, bereit zuzuschnappen. Nur kein falsches Wort jetzt, drohte der
Unterton ihrer Stimme. Ich wühlte in meiner Umhängetasche. In einem Seitenfach
fand ich schließlich meinen Tabak und das Stanniolpapier mit dem Hasch. Ein
neues, billiges Plastikfeuerzeug quietschte mich mit seinem makellosen Sonnengelb
an und ging mir auf die Nerven.
Ich warf ihr die Sachen zu und verschwand in der Hütte, die
unsere Tauchbasis hätte werden sollen. Vor meiner Abreise wollte ich noch etwas
dösen. Ich schmiss mich auf die Matratze, die Schimmel angesetzt hatte und nach
Dreck und Moder und Schweiß stank. Die Matratze in der leeren Bruchbude war
alles, was von unserem Traum vom Leben im Paradies übrig bleiben sollte.
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Jeder Mensch muss ein Ziel haben |
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Eine Kurzgeschichte von Heinz Käsinger
Am zweiten Tag seines Martyriums begann Tom zu schwimmen. Am
Vortag war er von einem Strömungstauchgang hoch gekommen und das Taucherschiff war
weg. Zuerst bekam er einen Schreck, dann blies er eine grell gefärbte Signalboje
auf, ließ sich treiben und hoffte, dass der Skipper ihn finden würde. Im
Verlauf der kommenden Stunden dachte Tom an nichts Besonderes. Aber er wurde
langsam nervös und, als der Hunger kam, wütend.
Am Nachmittag verließ ihn vorübergehend die Hoffnung. Doch
als er Rotorgeräusche hörte, wusste er, dass man nach ihm suchte. Obwohl der
Hubschrauber viel zu weit weg war, wedelte er mit seiner Boje, die, wie
peinlich, einem Riesenpenis glich, in der Luft herum. Die Stunden zogen sich
quälend. Zwar hing er in seiner Tarierweste sicher im Wasser aber die Angst kam
wie ein Dämon als die Hitze ihm zusetzte. Tom tauchte immer öfters seinen
dunklen Lockenkopf ins Wasser, um sich Kühlung zu verschaffen.
Plötzlich kam der Durst. Nur kein Salzwasser trinken, das
würde die Situation noch verschlimmern.
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Eine Kurzgeschichte von Heinz Käsinger
(Auszug aus dem Buch 'Requiem unter Palmen', Bestellung unter Service: Bücher)
Commander Sam Dillinger, 45 Jahre alt, geboren in Savannah, Gerorgia, ist ein erfahrener Kommandant. Wenn es so etwas wie eine Bilderbuchkarriere in der Hierarchie der US-Marine gibt, dann ist es seine.
Seit 1980 dient er in Amerikas Nordatlantikflotte, seit 1983 auf einem Unterseeboot. 1985 vertraute man ihm das Kommando auf der Philadelphia, einem Unterseeboot der Los-Angeles-Klasse, an, 1994 wurde er Erster Offizier auf der America, dem modernsten Atom-Unterseeboot der Vereinigten Staaten. 1996 übernahm er dessen Kommando.
Dillinger gilt bei seinen Untergebenen als Autorität. Nicht wegen seiner Strenge, im Gegenteil. Commander Dillinger ist seinen Matrosen und seinen Dienstgraden gegenüber eher milde. Streit schlichtet er gerecht und ohne Ansehen des Rangs. Kleine Vergehen ahndet er ohne Aufhebens. Größere und große Vergehen aber konsequent bis gnadenlos, jedoch ohne das Marinekommando zu informieren. Dies tut er erst bei wiederholten schweren Vergehen.
Der Kommandant des Atom-Unterseebootes verlangt nichts von seinen Soldaten, was er nicht selbst getan hätte. Deshalb, und nicht nur deshalb, bewundert ihn seine Crew. Darüber hinaus aber navigiert er sein Schiff bei dunkelster Nacht und im dichtestem Nebel scheinbar spielerisch nach Portsmouth/New Hampshire, dem Heimathafen. Und später zentimetergenau an den zugewiesenen Pier. Selbst um zwei Uhr Nachts: Commander Dillinger ist sich nicht zu fein, selbst Hand an eine zugeworfene Leine zu legen. Er verlässt, wie man es von ihm erwartet, als letzter das Boot. Und er ist der erste, der es jeden Tag wieder betritt. Kurz: Dillinger lebt seine Autorität. Und zwar dergestalt, dass nicht nur seine Untergebenen, sondern auch seine Vorgesetzten im Pentagon ihn schätzen.
Welche Schande, so einen fähigen und beliebten Mann vom aktiven Dienst auf See abzuziehen und in irgend eine Schreibstube an Land zu befördern – in den Rang eines Flotillenadmirals. Tatsächlich würde das bevorstehende Manöver im Nordmeer der letzte Einsatz Dillingers auf See sein. Beim Einlaufen in den Hafen von Portsmouth würde er seine Bordpantoffeln traditionsgemäß ins Meer werfen und die vollzählig angetretene Mannschaft würde ihre blauen Paradeuniformen tragen und applaudieren.
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